2D/3D

Die entwickelte Software ermöglicht es, die absolute Position des Gegenstands in Form von 3D Koordinaten in der Szene zu berechnen. Die Positionen der Kameras müssen dabei nicht bekannt sein. Lediglich ein Würfel mit bekannter Seitenlänge muss in der Szene so platziert werden, dass er in beiden Aufnahmen sichtbar ist.

Die HIP-Software, in der beide Ansichten einer Szene gezeigt werden.

In jeder Ansicht ist der Kalibrierungswürfel zu sehen, dessen Eckpunkte manuell oder automatisch markiert werden. Beim zu vermessenden Objekt (es muss nicht - wie hier - innerhalb des Würfels stehen) werden nun in beiden Ansichten zu berechnende Punkte markiert; für Punkte, die nur in einer Ansicht zu sehen sind, liefert die Software eine Vorhersagelinie in der anderen Ansicht, auf der der korrespondierende Punkt liegen muss. Sind die beiden korrespondierenden Punkte markiert, so wird die 3D Koordinate des Punktes in Relation zu einem Eckpunkt des Kalibrierungswürfels berechnet.

Das System ist nicht in der Lage ein vollständiges 3D Modell zu liefern, wie etwa die Computertomografie. Es kann aber selektierte Punkte genau berechnen, aus denen sich dann leicht Längen, Größen, Durchmesser etc. ableiten lassen. Damit ist das System in vielen Bereichen eine sinnvolle Alternative zu tomografischen Verfahren, sowohl, was die Strahlenbelastung und die Finanzierbarkeit bei der medizinischen Diagnostik angeht, als auch in puncto Unkompliziertheit des Verfahrens etwa bei Anwendungen im Rahmen der Architektur.

Mögliche Einsatzgebiete sind:

Hüftendoprothetik

Die Chirurgen sind hier auf genaue Vermessungstechniken angewiesen. Die korrekte Einschätzung von Größe und Umfang einer Hüftgelenkpfanne ist entscheidend für die Lebensdauer einer Gelenkprothese und das möglichst beschwerdefreie Leben des Patienten. Gerade bei minimalinvasiven Operationstechniken, bei denen die Sicht des Chirurgen auf das Gelenk eingeschränkt ist, ist eine präoperative Diagnostik und Planung für den Erfolg des Eingriffs ausschlaggebend. Um dies sicherzustellen, greift man heute vorwiegend auf tomografische Verfahren zurück.

Die Vorteile von HIP in Verbindung mit stereoskopischen Röntgenaufnahmen:

  • Zwei digitale Röntgenaufnahmen verursachen eine geringere Strahlenbelastung als die Röntgentomografie.
  • Röntgenaufnahmen sind bei dichtem Gewebe - etwa Knochen - genauer als Kernspintomografien.
  • Stereoskopische Röntgengeräte wären erheblich kostengünstiger als Tomografen.

Zahnmedizin

Zahnärzte und Kieferorthopäden verfügen zunehmend über digitale Röntgenvorrich­tungen, mit denen Aufnahmen im Mundinnenraum gemacht werden können; ausge­wertet werden die Aufnahmen dann mit Hilfe der geeigneten Software - im wesent­lichen Bildbetrachter und -archivierer - am PC. In puncto Diagnostik ist das kein wesentlicher Fortschritt im Verhältnis zur herkömmlichen Röntgenaufnahme. Wenn exakte Messdaten nötig sind, greift man deshalb auch in der Zahnmedizin auf tomografische Verfahren zurück.

Die Vorteile von HIP in Verbindung mit stereoskopischen Röntgenbildern:

  • In Arztpraxen bereits vorhandene digitale Röntgenanlagen können mit wenig Aufwand umgerüstet werden.
  • Dabei entstehen nur sehr geringe Kosten.
  • Zwei digitale Röntgenaufnahmen verursachen eine erheblich geringere Strahlenbelastung als die Röntgentomografie.
  • Einfache Röntgenbilder sind - im Vergleich zu tomografischen Verfahren - weniger anfällig für Störsignale, wie etwa Zahnfüllungen.

Architektur

In der Architektur wird die Informationstechnologie schon seit langem effizient eingesetzt, mehrheitlich aber im Rahmen der Planung. Bestandsaufnahmen, bei denen Objekte vermessen werden müssen, werden in der Regel mit Zollstock und Notizblock durchgeführt: ein einfaches Verfahren und in vielen Fällen auch das beste. Bei Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten kann dieses Verfahren aber an seine Gren­zen stoßen, dann nämlich, wenn die zu vermessenden Objekte schwer oder nur mit erheblichem Aufwand zugänglich sind.

Vermessung einer Gebäudefassade.

Im Gegensatz zu anderen Methoden ist das HIP System nicht auf flache Fassaden beschränkt. Es wäre durchaus auch die Vermessung eines Kirchenschiffs denkbar.

Die Vorteile von HIP in Verbindung mit stereoskopischen Fotografien:

  • Es kann herkömmliche digitale Fotohardware benutzt werden.
  • Die notwendige Hardware ist mobil und lässt sich flexibel einsetzen.
  • Es muss nicht aufwändig kalibriert werden.

Das sind nur einige der möglichen Anwendungsfelder für das HIP System.

Das HIP System ist entstanden als ein zentraler Bestandteil innerhalb eines interdisziplinären Projekts, das sich mit der Optimierung von chirurgischen Eingriffen in der Hüftendoprothetik beschäftigt.

Die beteiligten Institute neben dem ZTT der Hochschule Worms waren:

  • Die Abteilung für Rheumaorthopädie der J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • Das Institut für Kernphysik (IKF) der J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • Das Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ)
  • Das Institut für Regelungs- und Steuertechnik der Universität Siegen