Was macht denn der Hund da auf dem Campus?

Stefanie - Sam: Ein Dream Team, Foto: Hochschule Worms

Darf ich vorstellen? Das ist Sam. Sam ist Assistenzhund und hier an der Hochschule immer im Dienst. Daher sprich ihn bitte nicht an, er arbeitet.

Sam hat seinen Abschluss bereits in der Tasche

Sam hat am 8. Juni seine Assistenzhundeprüfung erfolgreich abgelegt und Stefanie Holtzhäuser sieht man an, dass sie auf ihren treuen Begleiter richtig stolz ist. Sam hat seinen Bachelor in der Tasche, steigt jetzt in die Praxis ein und baut seine Fähigkeiten weiter aus. Wir gratulieren beiden zur erfolgreichen Prüfung, die aus einem Theorie- und einem Praxisteil besteht. Wenn diese Prüfungen so glatt laufen, ist schnell klar, hier ist ein Dream-Team am Werk!

„Sam macht mich studier- und arbeitsfähig“

Stefanie hat ihren Bachelorabschluss noch vor sich. Mit der Aufnahme ihres Informatikstudiums erfüllte sie sich einen großen Traum. Sam hilft ihr nun dabei, studier- und arbeitsfähig zu sein. Mittlerweile belegt sie Module des 4 und 5 Fachsemesters und kommt gut voran. „Beim Einstieg an der Hochschule wurde ich sehr gut unterstützt,“ betont Stefanie. Durch die Betreuung von Marei Wagner von der Zentralen Studienberatung und Normen Haas, dem Geschäftsführer des Fachbereichs Informatik, wurde ihr Mut gemacht, ihren Wunsch zu studieren, auch in die Tat umzusetzen.

Das unsichtbare Handicap

Der jungen Frau sieht man ihr Handicap nicht an. Das macht es Stefanie aber nicht immer leichter, da oft das Verständnis ihrer Umwelt fehlt. Einen Rollstuhl kann man nicht übersehen, da ist sofort klar, dass der Mensch ein Handicap hat. Bei ihr ist das anders. Sie leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung und hat lange überlegt, ob sie den Schritt an die Hochschule wagen soll.

Ständig wechselnde Gruppen und volle Hörsäle stellen für sie u. a. einen großen Stressfaktor dar und können in Flashbacks und Panik münden. Daher bedeutet jeder Weg in die Vorlesung eine doppelte Anstrengung. Sie muss sich darauf konzentrieren, sich nicht von ihrem „Fluchtinstinkt“ leiten zu lassen und gleichzeitig dem Lehrstoff folgen. Nicht immer gelingt dieses Vorhaben. Am Ende ist alles eine Frage der richtigen Dosierung und Balance.

Stefanie und Sam an der Hochschule, Foto: Hochschule Worms

Eine gute Balance finden

Sichern nach hinten, Foto: Hochschule Worms

Für genau diese Balance sorgt der Assistenzhund. Sam ist dafür ausgebildet, früh zu erkennen, wenn eine Situation zu viel wird. Er wird initiativ und sucht den Körperkontakt zu seiner Teampartnerin. So schafft es der Hund, Panik und Flashbacks frühzeitig zu unterbrechen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen. Er lässt seine Bezugsperson mit diesem Gefühl nicht alleine und vermittelt ihr Sicherheit. Das hilft enorm.

Eine andere Assistenzleistung ist das „Sichern nach hinten“. Der Hund legt sich auf Kommando hinter Stefanie ab. Damit entsteht ein kleiner Freiraum, und Stefanie muss nicht mit unvorhersehbaren Kontakten von hinten rechnen, da Distanz für sie ganz wichtig ist. Denn zu viel Nähe ist ein weiterer Stressfaktor. Während unseres ganzen Gesprächs ist Sam aufmerksam an Ihrer Seite und behält sie wie ein Bodyguard fest im Blick. Aber auch hinlegen ist erlaubt, denn auch so lässt sich gut aufpassen und Sam soll sich auch wohlfühlen. Es geht auch immer darum, den Hund innerhalb seiner eigenen Grenzen zu respektieren und nicht zu überfordern.

Ungeahnte Kräfte geweckt

Sam ist ein Tierschutzhund und mittlerweile sieben Jahr alt. Mit Stefanie hat er seine Mission gefunden. Seit zwei Jahren gehen die beiden gemeinsam durchs Leben. Sam kommt aus schlechten Verhältnissen, er wurde in der Tötung abgegeben. So ist es nicht verwunderlich, dass er zu Beginn ein sehr ängstlicher Hund war und sich erst herausstellen musste, ob er dem Job eines Assistenzhundes gewachsen sein wird. Stefanie hat ihn zu sich genommen, unabhängig davon, ob er ein Assistenzhund werden kann oder nicht.

„Mir war klar, dass es ein Hund aus dem Tierschutz sein soll, auch wenn man Assistenzhunde eher mit einem Labrador in Verbindung bringt und üblicherweise mit einem Welpen oder jungen Hund zu trainieren beginnt. So unterschiedlich die Menschen sind, die einen Assistenzhund brauchen, genauso unterschiedlich können auch die Hunde sein, die ihrem Menschen zur Seite stehen“.

Nach konzentrierter, professioneller und liebevoller Arbeit wurde schnell sichtbar, dass hier ungeahnte Fähigkeiten geweckt wurden. „Seine Anwesenheit hilft mir zu mehr Selbstständigkeit, zu mehr Zutrauen und somit auch zu mehr Teilhabe am Leben. Er erweitert meinen Radius. So helfen wir uns gegenseitig, denn er hatte die ersten Jahre kein schönes Leben und muss auch noch eine Menge kennenlernen. Wir gehen zusammen immer weiter ins Leben.“

Die Bibliothek meistern die beiden jetzt schon ganz entspannt, den Campus lernt Sam auch immer besser kennen und eine neue Challenge wird mit dem nächsten Semester kommen.

Was man über Assistenzhunde wissen sollte

Sam hat Feierabend, Foto: Hochschule Worms

Seit einem Jahr sind Assistenzhunde den Blindenhunden gleichgestellt. In der Praxis sind sie aber längst noch nicht überall willkommen, dabei sind sie speziell ausgebildet, um Menschen mit chronischer Beeinträchtigung dauerhaft zu unterstützen. Sie haben auch dort Zutritt, wo Haushunde nicht erlaubt sind. Man erkennt den Assistenzhund an seiner „Arbeitskleidung“, d. h. eine Kenndecke, ein Führgeschirr oder das Halstuch. Ist der Hund in Dienst, darf man ihn nicht locken und füttern, ablenken oder erschrecken und auf keinen Fall streicheln oder anfassen. Ebenfalls sollte er nicht angestarrt werden. Am besten ist es, wenn man den Assistenzhund im Dienst ignoriert und bitte immer den Menschen dazu anspricht, nicht den Hund. Interesse ist schön – Neugierde ist störend.

Assistenzhunde haben natürlich auch Freizeit und können ihr Hundedasein bei ausgedehnten Spaziergängen, beim Spielen mit dem Hundekumpel und bei Kuscheleinheiten auf der Couch genießen.

Die Ausbildung eines Assistenzhundes endet nie, denn der Alltag stellt das Team vor immer neue Herausforderungen. Lebenslanges Lernen ist die Devise. Für Stefanie geht es möglicherweise nach dem Bachelorstudium auch mit einem Master weiter. Bisher hat sie ihr Studium sehr erfolgreich aufgenommen und ich glaube, sie hat das Zeug für noch viel mehr! Das verdankt sie zu einem großen Teil ihrem Assistenzhund Sam.